Donnerstag, 5. September 2013

Kathrin Schobel: De Docta Acceptantia - Von der Lehre der Akzeptanz!

Slamerin, Schreiberin, Denkerin - auf der Höhe der Zeit, am aktuellen Puls der Zeit und mit spitzen Gedanken, unsere neue Muckrakers-Autorin Kathrin Schobel hat bereits mit der Generation Yolo ihren Einstand gegeben und gibt uns mit Ihrem Artikel "Von der Aktezptanz" einen weiteren Einblick in ihr Gedankengebäude. Viel Spaß beim Lesen ...


Von der Akzeptanz

Akzeptanz ist gut. Sie hilft einem, mit Dingen, besonders unangenehmen,  leben zu lernen - Eine Grundvoraussetzung für das Leben an sich. Ich habe in letzter Zeit immer mehr bemerkt, dass viele Menschen ihr Leben mit einer gewissen Grundakzeptanz angehen. Das ist überlebensnotwenig, denn Menschen sind  anpassungsfreudige Gewohnheitstiere.  Das System hat viele Fehler und ebenso viele Menschen stört es zwar – Aber im Wissen, diese zwangsläufig so akzeptieren zu müssen, tun sie eben jenes, und das führt zu einer Abstumpfung. Karl Marx sagte einmal: „Religion ist das Opium des Volkes“. Er hat Recht. Ich möchte seinen Aphorismus neu formulieren: „Akzeptanz ist das Opium des Volkes“. Akzeptanz mildert die alltägliche Tortur durch ebenso alltägliche Probleme und Konflikte, die nicht lösbar sind. Viele Menschen, so scheint es mir, sind süchtig nach ihrer betäubenden Langzeitwirkung.
Ich weiß selbst, dass ich an gewissen Dingen nichts ändern kann. Es schmerzt, zu sehen, wie die gesalbte Sozialkompetenz den Menschen immer wieder dazu bringt, im Punkto „Schaden anrichten“ kreativ zu werden. Natürlich könnte man hier einwerfen, dass das auch ohne Sozialkompetenz super funktioniert, aber die sorgt zusätzlich dafür, dass der Mensch nicht aus Instinkt, sondern mit dem reinen Bewusstsein einer Verletzung der ethischen Grundprinzipien handelt. Und obwohl ich das weiß und zugegeben im kleinen Maße auch selbst manchmal daran scheitere, zu tun, was ich von anderen verlange, akzeptiere ich es nicht.
 Auf den ersten Blick mögen einem vielleicht ein Akzeptierer und ein Protestierer (Ich gebe zu, die Begriffe sind nicht sonderlich kreativ, aber sie sind verständlich und es ist spät)  gleich erscheinen, da der Protestierer entgegen dem Rebell ebenfalls nichts gegen seine aktuelle Lage und die Dinge, die ihn unzufrieden machen, unternimmt bzw. unternehmen kann. Der Akzeptierer aber arbeitet mit einem anderen Gedankengut, er nimmt die Dinge wie sie sind und lebt bereitwillig inmitten von all dem, was ihn im Grunde stört. Der Protestierer akzeptiert höchstens seine Lage und die Tatsache, dass man sich gegen viele Fehler der Gesellschaft nicht wehren kann und es einem nur Nachteile bringt. Aber er würde eine solche Sachlage nie mit „Es ist nun mal einfach so“ (Meine Mutter wurde mit diesem Satz im Mund geboren) oder „Die Welt funktioniert so, ich muss damit leben“ abtun, sondern sich zumindest geistig vehement dagegen wehren und seinen Unmut laut machen. Er lebt ohne die Akzeptanz aber mit der gezwungenen Fügung. Der Akzeptierer legt sich die legendären Scheuklappen freiwillig an, um vor sich selbst rechtfertigen zu können, das Unheil nicht gesehen zu haben. Er legt den Drang nach einem Vorgehen gegen offensichtliche Missstände ab und fällt in ein Verhaltensmuster, das es ihm ermöglicht, das höchste Maß an Glück aus seiner aktuellen Situation zu gewinnen. Das ist eine ähnliche Kiste wie die Sache mit dem Nationalsozialismus. Akzeptanz ist schlichtweg eine Schutzreaktion des Menschen.
Das ist so gesehen schon positiv, aber es kann negative Ausmaße annehmen, besonders dann, wenn die Scheuklappen auch die Sicht auf sich bietende Auswege versperren. Ebenso ist die Akzeptanz in solchem Maß negativ, wenn sie einen zu müde oder zu blind macht, etwas an seiner Anpassung an die Norm zu ändern, um gegen die Fehler vorzugehen. Wenn der Akzeptierer Fehlverhalten oder Systemmissstände nicht nur in seinen Tagesablauf einbindet, sondern die Werte, an denen er seine Handlung misst, davon beeinflussen lässt. Er gibt seinen Werten eine negative Situation als selbstverständlich vorhanden vor und agiert quasi „darum herum“, um sich weder selbst konfrontieren zu müssen noch darüber nachdenken zu müssen. Daraus resultiert dann erwähntes stumpfes Akzeptanzhandeln.
Ich als Protestierer kann nicht aufhören, zu hinterfragen, was mich stört, und mich unzufrieden in meinem viel zu kleinen Käfig von Möglichkeiten zu bewegen, aber ich habe schon lange aufgegeben, wie ein Blöder gegen die Gitterstäbe zu schlagen um in die Welt zu gelangen, die dahinter liegt. Und ich kann nicht leugnen, dass es mich etwas wütend macht, wenn ich sehe, wie die Akzeptierer sich gut zureden, dass es zu ihrem Leben keine bessere Alternative gibt und sich dabei krampfhaft zwingen, nicht hinauszusehen. Für sie gibt es kein draußen. Die Rebellen werden nie aufhören, immer wieder mit neuen Waffen gegen das Metall vorzugehen. Und Ich – Ich weiß, dass ich nicht entkommen kann, aber ich werde nicht aufhören, die Gitterstäbe böse anzustarren, um ihnen zu zeigen, dass ich nicht blind hinnehme, dass die Dinge sind wie sie sind und immer sein werden.
Ich frage mich, ob meine Dreiteilung eine kluge Idee ist, da ich nur von dem ausgehe, was ich selbst denke und es in den Kontrast zu dem setze, was ich höre und sehe. Aber so entstehen Kategorien für gewöhnlich, also bin ich zuversichtlich. Mich würde natürlich interessieren, was andere Menschen dazu zu sagen haben, wer weiß, vielleicht bin ich mit meiner Idee auch komplett auf dem Holzweg und mache mich zum Volldeppen.

Aber das werde ich dann wohl akzeptieren müssen.

von Kathrin Schobel

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Liebes Vergangenheits-Ich,

Inzwischen hast du dir ein Nasenpiercing und diverse Tattoos zugelegt, damit man dir die Sache mit dem verschrobenen exzentrischen Künstler auch wirklich abkauft. Natürlich studierst du was mit Büchern und Menschen und Philosophie und machst den lieben langen Tag nichts anderes, als dich über Dinge zu beschweren, die du nicht ändern kannst. Trotzdem muss eines dringend gesagt werden:

You need to chill

Grüße,

der Autor vier Jahre später