Samstag, 14. November 2009

zum philosophischen und literarischen schreiben

Sol Stein – Über das Schreiben

Wenn man die 420 Seiten von Sol Steins Machwerk „Über das Schreiben“ verschlungen hat – und man wird es verschlingen – weiß man immer noch nicht, wie man am besten schreibt. Aber Sol Stein gibt wichtige Hinweise für einen Schreibenden, um sich bewusst zu werden, dass Schreiben nicht nur Begabung, Kreativität und Eingebung verlangt, sondern als ein Handwerk neben anderen gilt.
Was nicht sein Ziel ist, sind Ratschläge wie man Schreibkrisen und Ideenkrisen überwindet, er will einen mit vielen Ideen versehenen Autor auf den Weg des Erfolges bringen. Gleichgültig, ob sich der Schreibende für Romane, Sachliteratur oder Kurzgeschichten interessiert. Hier wird er passende und praxistaugliche Tipps für seine alltägliche Schreibarbeit finden. Sol Stein – zugleich Bestsellerautor wie Verleger und Lektor - kennt dabei die Wünsche und Interessen der Leser genau und bietet sie dem Schreibenden als wichtige Orientierungshilfe im Dschungel der Geschichten von Wörter und Ideen dar. Vom richtigen Anfang einer Geschichte über die Erschaffung von handelnden Personen bis hin zur günstigsten Perspektivwahl oder der interessanten Gestaltung eines Dialoges, weiterhin der Notwendigkeit von Rückblenden und der wichtigen Redaktion zur Überarbeitung von fertigen Manuskripten findet man jegliche Art von handwerklichen Elementen des Schreibens. In der Darstellung beschränkt sich Sol Stein nicht darauf, theoretisch zu erläutern, wie er sich einen guten lesenswerten Text vorstellt, sondern stellt seinen Ausführungen sowohl negative als auch positive Textstellen aus unbekannten und bekannten Romanen voran.

Der vorliegende Schreibratgeber von Sol Stein ist ein rundum gelungenes Buch für Schreibwillige. Auch für diejenigen, die schon lange Zeit im „Geschäft“ dabei sind, eignet sich das Buch durchaus. Wichtige handwerkliche Dinge, die leicht in Vergessenheit geraten, ruft Sol Stein in Erinnerung.
Getrübt wird die Darstellung meiner Ansicht nach durch Sol Steins Philosophie vom Schreiben. In den Grundzügen, dass fiktionales Schreiben nicht Information, sondern Emotion vermitteln soll, stimme ich mit Stein überein. Dass es wichtig ist, dass diese Emotionen weniger durch Klang der Worte, sondern vielmehr durch die Worte selbst erzeugt werden sollen, liegt ebenfalls auf meiner Wellenlänge. Mich stört aber, dass Stein das Schreiben zu sehr auf den Leser und die Veröffentlichung von Texten ausrichtet. Wenn jeder Schreibende nur auf Veröffentlichung aus ist, hätte man – so glaube ich – sehr wenig qualitative Literatur. Gerade auf dem Gebiet der politischen Prosa, spielen psychologische Verarbeitungsprozesse auf Seiten des Autors – und da finde ich, stellt Günter Grass ein hervorragendes Beispiel dar – eine wichtige Rolle. Schreiben ist zunächst ein individueller Bewältigungsprozess, der manchmal auch anderen Menschen gefällt.

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