Montag, 6. Juni 2011

Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein!

Man stelle sich folgende Sitaution vor: Ein Gymnasium. Im Sommer. Es ist heiß! Montag. 5. und 6. Stunde. Philosophie. Schweiß im Gedankenstübchen. Thema: Jean-Paul Sartre (1905-1980) und sein Freiheitsverständnis als Synthese von Determinismus und Indeterminismus. Puh! Zwei Schreibgespräche:


La: Sartre sieht den Menschen als ein sehr freies Wesen an, so ist er zwar dazu verurteilt, frei zu sein, dass heißt Entscheidungen treffen zu müssen, dennoch hat der Mensch in jeder Situation eine Reihe von Möglichkeiten, aus denen er wählen kann. Das geht soweit, dass der Mensch durch sein Handeln entscheiden kann, wer und wie er ist. Er kann sich selbst ohne höhere Gewalt gestalten.

Le: Ob der Mensch nach Sartre sehr frei ist, ist eher eine Frage als eine Feststellung, denn er ist dazu verurteilt frei zu sein. Diese Wahl, ob er frei ist oder nicht, ist vorherbestimmt und beeinflusst somit jede weitere Entscheidung, die der Mensch trifft. Inwieweit schränkt eine höhere Gewalt den Menschen denn in seinem Selbstschaffen ein? Er schafft sich nach dem, was er zu sein plant und nicht nach dem, was er sein wollen wird.


La: Ich vermute mal, dass es bei Sartre keinen Gott gibt, der den Menschen und seine Natur gestaltet. Darüber hinaus sagt er, dass der Mensch für jedes Handeln selbst verantwortlich ist, und es somit aus ihm selbst kommt.

Le: Kein Gott oder etwas Gottähnliches gestaltet den Menschen und seine Natur, doch die Natur gibt dem Menschen einen Rahmen, eine Einschränkung. Somit muss der Mensch in seinem sich Selbstschaffen eingeschränkt / beeinflusst sein. Wird der Mensch hiernach nicht viel mehr geschaffen, als er sich selbst schafft? „Verurteilt, frei zu sein“ , schränkt das nicht die volle Freiheit des Menschen ein und lässt ihm nur eine Freiheit in einer bestimmten Umgebung / Natur?!

La: Der Mensch ist auf jeden Fall in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, doch für das „Frei sein“ ist das Erreichen des Ziels nicht von Bedeutung. „Frei sein“ heißt laut Sartre nur, dass „man sich dazu bestimmt, durch sich selbst zu wollen“. Darüber hinaus ist der Mensch durch die Natur nur in physischen Aspekten eingeschränkt. Seinen Willen und Entscheidungen betreffend ist er nur durch sich selbst beschränkt. Die volle Freiheit schränkt das zwar ein, aber ohne den Zwang Entscheidungen zu treffen, ohne Widerstände würde der Begriff der Freiheit an Bedeutung verlieren. Und in allen anderen Bereichen kann der Mensch frei Entscheidungen treffen. Glaubst du, dass z.B. ein Mensch mit Zwängen nach Sartre frei ist?

Le: In dem Punkt, dass Freiheit Zwang zur Entscheidung braucht, um zu existieren, stimme ich dir voll und ganz zu. Er kann nach Sartre in allen Bereichen seines Seins Entscheidungen treffen, aber nicht in dem Bereich, ob er frei sein möchte, um Entscheidungen zu treffen. Der Mensch sei ja dazu verurteilt, frei zu sein.

Ein Zwang kann ja determiniert sein und da sich der Mensch nach Sartre in die Kettenglieder des Determinismus einordnen muss, kann auch ein Mensch mit Zwängen frei sein. Wie stehst du zu Sartres` Gesamtaussage?

La: Ich denke auch, dass ein Mensch mit Zwängen usw. frei sein kann, zu einem hat er eventuell mal die Möglichkeit gehabt - oder hat sie immer noch – etwas gegen den Zwang zu tun, zum anderen hat er immer noch die Möglichkeit, sich dem Zwang zu entziehen, im radikalsten Fall durch Suizid.

Ich meine, dass Sartre Recht hat, wenn er sagt, dass der Mensch Entscheidungen treffen muss und auch kann. Doch denke ich, dass der Mensch stärker durch Einflüsse der Umwelt und durch Gene geformt wird, als Sartre dies annimmt. So haben Psychopathen häufig eine schlechte Kindheit gehabt, und auch wenn sie die Wahl haben diesem Leben zu entgehen, ist diese Vorstellung meiner Meinung nach etwas Realitätsfern.

Le: so isses ;)


H: Hallo M.! Was denkst du, wie sieht Sartre den Menschen?

M: Sartre sieht den Mensch als Wesen, das durch Rasse, Klasse, Sprache, Geschichte etc. geprägt wird. Durch diese Prägung ist der Mensch dann auch vollkommen verantwortlich für sein Handeln.

Ma: Ja, Michael, da gebe ich dir Recht, aber du hast vergessen, dass jeder Mensch nicht nur für sein eigenes Schicksal verantwortlich ist, sondern, dass sich die Schicksale der Menschen in vielen Bereich überschneiden. Bspw. der Arbeitgeber, der seinem Angestellten kündigt und dieser danach obdachlos wird.

H: Ja, ich kann euch beiden in den Punkten auch nur zustimmen. Als Letztes würde ich aber noch hinzufügen, dass Sartre die Existenzphilosophie als eine Art Synthese sieht und der Mensch daher auf der einen Seite determiniert ist und auf der Anderen aber indeterminiert. Wir können das insofern begründen, dass der Mensch von Anfang an an die Freiheit gebunden ist (Determinismus) jedoch dann seine Handlungen frei „wählt“ (Indeterminismus) und für alle Konsequenzen verantwortlich ist.

M: Da habt ihr beide Recht. Doch habt ihr euch einmal damit befasst, wie Sartre die Freiheit des Menschen sieht und wie er diese berurteilt? Wie ich oben schon gesagt habe, ist nach Sartre jeder Mensch für sein Handeln verantwortlich und somit frei in seinen Entscheidungen. Doch dieses Menschenbild hat einen erheblichen negativen Punkt, da durch diese Freiheit jeder Mensch eine schwere Last auf seinen Schultern trägt und nicht nur für sich sondern auch für die gesamte Welt verantwortlich ist.

Ma: Das war das, was ich versucht habe, euch darzulegen. Also sind wir uns in diesem Punkt schon mal einig. Aber es stellt sich mir noch die Frage, ob denn auch Menschen, die obdachlos sind, Alzheimer oder irgendwelche Zwänge haben, auch frei sind, ich meine, sie haben sich es ja nicht ausgesucht, oder? Also in Teilen vielleicht, da wir hier im deutschen Sozialstaat leben und niemand auf der Straße leben, muss aber für körperliche Versehrtheiten kann man doch nichts, ich meine sie haben es sich ja nicht ausgesucht. Da kommt man wirklich ins Überlegen, ob der Mensch in diesem Bereich nicht vielleicht determiniert ist. Was meint ihr dazu?

H: Ich denke, dass man laut Sartre sehr wohl etwas für seine körperliche Versehrtheit kann. Es steht ja immer einem frei, wie man sich im Leben verhält und welche Risiken man eingeht. Ausnahme ist natürlich die Behinderung, wenn man geboren wird. Alles im allen muss noch gesagt werden, dass Sartre meiner Meinung nach sehr nah am kategorischen Imperativ von Kant arbeitet und behauptet, dass jede Handlung eines einzelnen Individuums immer Auswirkung auf seine Umwelt hat. Ansonsten kann ich euch beiden in euren Behauptungen nur zustimmen. Ich denke, dass Sartre in seinen Behauptungen durchaus gute Stellungnahmen angibt und man ihn in existenzphilosophischer Sicht in als Vorbild sehen kann.

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