Donnerstag, 27. August 2009

Ein Gespräch über Mütter, Definitionen, Ain't no Sunshine und Schulphilosophen

Die Mutter aller Wissenschaften ist ja die Philosophie, auch die der Naturwissenschaften, z.B. Physik. Du studierst Physik. Bist Du philosophisch interessiert? Wenn ja, warum?
Die erste Frage beantworte ich klar mit ja, was mich vor die zweite Frage stellt. Dazu ist vielleicht zunächst zu bemerken, dass mein philosophisches Interesse nicht nur der Physik geschuldet ist.
Mit Recht ist die Philosophie die Mutter aller Wissenschaften, einfach weil sie uns die Art und Weise lehrt Probleme anzugehen und zu lösen. Sie ist ein Teil meiner Lebenseinstellung und Ausdruck von Neugier und Skepsis.
Speziell als Physikstudent sehe ich mich immer zwischen zwei Extremen. Zum einen Objektivität, Sachlichkeit und penibles und strenges Vorgehen nach Definition und zum anderen fasziniertes Schwärmen und metaphorisches Phantasieren über physische und manchmal auch metaphysische Dinge. Die Philosophie, speziell die formale Logik (worauf die gesamte Mathematik mit Definition, Satz, Beweis basiert), schult mein Handeln im Sinne beider Standpunkte. D. h. einerseits gibt sie mir die Regeln für den exakten Umgang mit Definitionen vor und andererseits lässt sie mich ungezähmt Fragen und Aussagen formulieren, deren Sinn und Wahrheitswert durch diese Regeln messbar sind (und damit auch die Gefahr eines Fehlschlusses) und daher ruhigen Gewissens in den hinteren Teil der Erkenntniswarteschlange gestellt werden können (sie kommen natürlich auch noch dran). Sie ist für mich die Möglichkeit so willkürlich aber korrekt zu formulieren wie es mein Verstand hergibt.

Aber ist das schon alles, was die Welt im Innersten zusammenhält? Logik, Vernunft, Verstand? Wo bleibt bei Dir die Musik, das Lebensgefühl, das Lachen, die Freude am Mitmenschen? Oder ist Philosophie nur harte Arbeit?
Ich denke Philosophie geht immer einher mit Vernunft, Verstand und Logik, was aber nicht immer harte Arbeit ist. Das Studentenleben ist philosophisch sehr gehaltvoll, gerade in Situationen, in denen in Abhängigkeit von Ort und Tageszeit die Gesprächsthemen mit Freunden oder Kommilitonen exotischer werden.
Beim Sport und Gittarrespielen schalte ich Logik, Vernunft und Verstand jedoch mehrere Gänge zurück und beim Musikhören schalte ich sie ganz aus. Ich ordne diesen Dingen daher keinen philosophischen Wert zu, solange ich sie nicht noch einmal für mich reflektiere. Natürlich steckt dann auch hier die Philosophie samt Logik Vernunft und Verstand. Sie begleitet mich in diesem Sinne bis in meine Hobbies und Leidenschaften und ist ein Baum der immer leckere Früchte trägt. Als harte Arbeit habe ich sie noch nie angesehen.

Welche Musik hörst du bzw. welches ist der Soundtrack Deines Leben?
Ich höre sehr gern Instrumentales. Außerdem gibt es einzelne Popsongs (oder Songs, die mal Popsongs waren) die mir gefallen, ich lege mich da ungern auf eine Band fest. Im Prinzip von allem etwas, wobei "etwas" hier wirklich nur eine sehr sehr spezielle, nicht umfangreiche Auswahl ist. Bsp.e: Bill Withers mit Ain't no Sunshine, OMD mit Talking loud and clear, Chris Rea mit Josephine, Lynard Skynard mit Sweet Home Alabama, Ralph McTell mit Streets of London, CrashTestDummies mit MMM MMM MMM MMM, Filmmusik zu: Kill Bill, Die fabelhafte Welt der Amelie, Last Samurei, Sie nannten ihn Nobody, Spiel mir das Lied vom Tod. (alles auf you tube). Einen Soundtrack meines Lebens gibt es nicht und ich halte sein Erscheinen für äußerst unwahrscheinlich.

Wenn Muckrakers Dir 10 € geben würde, was würdest Du sofort kaufen?
Ich würde sofort Einkaufen fahren und alles in Kekse, Schokolade und Gummiebärchen investieren.

Abschließende Frage: Was hälst Du von der Idee, dass alle Schulen einen Schulphilosophen haben müssten?
Ich denke nicht, dass es einen pädagogischen Nutzen hätte. Vielleicht wenn es eine Hand voll Schüler und Lehrer gäbe, die ein ähnliches Amt einnehmen. Die philosophisch Interessierten werden sich unabhängig davon mit Philosophie weiter beschäftigen. Die bis dahin Unbetroffenen werden (wenn überhaupt) den Sinn und die Effektivität (im Sinne des Ausbaus eigener Interessen) der Philosophie nur durch mindestens eine sehr engagierte (lebende) Persönlichkeit verstehen lernen. Klar ist auch, dass die philosophischen Gedanken aller Schüler und Lehrer nicht unter den Hut eines einzigen Philosophen passen.
Wenn, dann also nur (…) wenn er keine Lehren verbreitet, sondern ausschließlich den Leuten klar macht, was Philosophie ist und wie philosophisch schon das Schulwissen betrachtet werden kann und dass aus einer solchen Betrachtung mehr Faszination und Interesse folgt. Spezielle philosophische Probleme sollte er dennoch behandeln können.

Dir lieber Steffen, vielen Dank für das Gespräch. Wir laden Dich ein, bei Muckrakers mitzuschreiben oder auch nur zu diskutieren und Kommentare zu schreiben. Außerdem wünschen wir Dir restliche nette und schöne Semesterferien ...

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