Dienstag, 17. November 2009

Freestyle-Nietzsche und die Satzanfänge und

... und etwas längerer Blogbeitrag, der sich lohnt zu lesen:

Mit dem Philosophieren kann man methodisch unterschiedlich beginnen, eine Möglichkeit in die Gedankenwelt eines Philosophen oder eines Thema einzusteigen, bietet die der zu vervollständigenden Satzanfänge. Man nehme einen fremden Text, behalte die Anfänge der Sätze, streiche den Rest raus und schreibe einfach die Satzanfänge weiter ...

So geschehen mit einigen Satzanfängen von Friedrich Nietzsche zum Thema "Sprache und Kritik am metaphysischen Wahrheitsbegriff" Hier die Satzanfänge:

  • „Wir glauben etwas von den Dingen selbst zu wissen, wenn wir von Bäumen, Farben, Schnee und Blumen reden, und besitzen doch ...
  • „Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer ...
  • "Was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist die Fähigkeit, „Meta...
  • „Die 'Vernunft' in der Sprache: o was für eine betrügerische ...
  • „... andererseits ist sie [die Metaphysik] Kunst, nämlich ...

Hier eine wundervolle Lösung bzw. intensive Vorschläge von ...

  • Wir glauben etwas von den dingen selbst zu wissen, wenn wir von Bäumen, Farben, Schnee und Blumen reden, und besitzen doch nur die Erinnerung an zauberhafte, grausige, hoffnungsvolle unkaputtbare Momente, Sekunden, Stunden, vorübereilend an unserem inneren Auge, durch welches wir den Zugang zur wirklichen Wirklichkeit sehen zu glauben.
  • Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer zügelloser, wilder, entschlossener Eindrücke und Impressionen. Der Gedanke, das Stück, das Teil, fügt sich zusammen mit tausenden und abertausenden zum großen ganzen, der überquellenden, von Augenblick zu Augenblick neu formierten Masse wahrer Gedanken.
  • Was den Menschen vom Tier unterscheidet ist die Fähigkeit, metamystisch die Welt zu leben. Sich selbst als das selbstverständlich Schönste, Übernatürliche zu sehen, sich zu befreien von Trieben und zu beginnen die Ästhetik zu lieben, wir betrachten dies als Fähigkeit
  • Die "Vernunft" in der Sprache: o was für eine betrügerische Farce. Ihr, die ihr von Vernunft sprecht, aber aus eurem gesellschaftlichen Rastern und Normen entbrechend euch schneller wieder in den Höhlen und hinter Getier, Menschen hinterherjagend findet, als es eurer gedanklicher Wagemut erlaubt.
  • ...andererseits ist sie, die Metaphysik, Kunst, nämlich falsch.

Und hier die ursprüngliche Nietzsche-Version:
  • „Wir glauben etwas von den Dingen selbst zu wissen, wenn wir von Bäumen, Farben, Schnee und Blumen reden, und besitzen doch nichts als Metaphern der Dinge, die den ursprünglichen Wesenheiten ganz und gar nicht entsprechen.”
  • „Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien1, Anthropomorphismen2, kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden und die nach langem Gebrauch einem Volke fest, kanonisch und verbindlich dünken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, daß sie welche sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos geworden sind, Münzen, die ihr Bild verloren haben und nun als Metall, nicht mehr als Münzen, in Betracht kommen.”
  • Was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist die Fähigkeit, „Metaphern zu einem Schema zu verflüchtigen, also ein Bild in einen Begriff aufzulösen.... Innerhalb dieses Würfelspiels der Begriffe heißt aber 'Wahrheit' jeden Würfel so zu gebrauchen, wie er bezeichnet ist, genau seine Augen zu zählen, richtige Rubriken zu bilden und nie gegen die Kastenordnung und gegen die Reihenfolge der Rangklassen zu verstoßen.”
  • „Die 'Vernunft' in der Sprache: o was für eine betrügerische Weibsperson! Ich fürchte, wir werden Gott nicht los, weil wir noch an die Grammatik glauben ….“
  • „... andererseits ist sie [die Metaphysik] Kunst, nämlich die Begriffsdichtung, ...“

aus: Nietzsche, Friedrich, Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister, 1878.


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