Samstag, 26. Juni 2010

Der 'freie' Wille und seine praktische Relevanz

Der Patientenwille:
Der Bundesgerichtshof hat gestern den Willen gestärkt. Den freien Willen. Den Willen des Patienten. Der Richterspruch erlaubt nun einen Behandlungssabbruch und stellt klar, dass die Patientenverfügung (und damit der Wille) streng zu achten sei. Die Frankfurter Rundschau berichtet: "Erstmal hat der BGH entscheiden, dass Sterbehilfe straflos bleibt, wenn der Behandlungsabbruch dem Willen des Patienten entspricht. Gibt es diesen feststellbaren Patientenwillen und sind sich Arzt und Betreuer einig, muss kein gericht eingeschaltet werden. Mehr noch: Die Sterbephase muss nicht einmal begonnen haben. Auch bei einem Koma, das sich möglicherweise noch Jahre hinzieht, darf die künstliche Ernährung eingestellt werden." Die Justizministerin zeigt sich in ihrer liberalen Freiheitsauffassung bestätigt: "Der freiverantwortlich gefasste Wille eines Menschen muss in allen Lebenslagen beachtet werden."
Der Psychotherapeut Michael Wunder äußert sich dagegen kritisch: "Können wir jemals wissen, was wir einstmals wollen?" Er meint nämlich, dass Wachkomapatienten keine Sterbenden seien, sondern auf ihre Weise leben würden.

Das Strafrecht:
Was ist Willensfreiheit? Um eine Antwort auf diese Frage wird auch in der Diskussion um den Straf- und Maßregelvollzug gerungen. Das Strafrecht belegt eine Handlung - so sie gegen die geltenen Regeln und Normen sind - mit einer Schuld. Diese Schuld setzt theoretisch voraus, dass der straffällig gewordene Mensch vor der Tat hätte anders handeln können. Dass der Täter jedoch einen anderen handlungswirksamen Willen hätte bilden können, dafür habe bislang keien Wissenschaft einen Beweis bringen können, So Grischa Merkel (Lehrstuhl für Strafrecht in Rostock) und Gerhard Roth (Prof. für Neurobiologie an der Uni Bremen). Selbst Kant - Indeterminist und geistiger Vater des freien Willens, habe nachdrücklich betont, dass der Alternativismus niemals empririsch festzustellen sei.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Schöne Ferien wünschen Muckrakers ...

Muckrakers wünschen schöne Ferien!

Samstag, 19. Juni 2010

Kants Ethik als System von Zwecken und die Menschenwürde

Sitzung vom 18.06.10:
  • Menschheitszweck- und Autonomieformel
  • Reich der Zwecke
  • Autonomie und Heteronomie
  • Herleitung der Menschenwürde
  • Freiheit als Unabhängigkeit von der Naturnotwendigkeit
  • Marktpreis, Affektionspreis, Würde
  • Beispiele: Sklaverei, Leistungssport, Prostitution und eine Wasserflasche

Übersicht zum Ausdrucken

Freitag, 18. Juni 2010

Kritik der reinen Vernunft - die grüne Brille

"Ein leerer Kopf ist Käse - da fällt alles durch!" Mit diesen Worten eröffnete B. von Rappard seine Buchlesung am letzten Mittwoch zu seinem Buchprojekt "Theorie des Subjekts". Ausgehend von der Transzendetalphilosophie Kants und seiner Kritik der reinen Vernunft beschrieb von Rappard die Kantische Antwort auf die Frage: "Was kann ich wissen?" Kant interpretierend antworte Rappard: "Das, was Newton weiß, kann man wissen, alles andere nur glauben. Kant versucht Metaüphysik zu retten, indem er sie zerstört. Unsterblichkeit der Seele (siehe auch Leibniz) könne man nicht beweisen." Wenn ein Physiker etwas erkenne, dann erkenne er nur die Oberfläche.

Ein kurze Übersicht zur Kritik der reinen Vernunft:
Quelle: Börries von Rappard

Sonntag, 6. Juni 2010

Fotofestival Hannover


Veranstaltungstipp, weil wir da schon mal waren:

http://www.fotofestival-hannover.de/

Q 3/4: nächste Lektüre Thema Ästhetik

Bitte für das nächste Kurshalbjahr in Q3/4 folgende Lektüre anschaffen:

  • Arbeitsexte für den Unterricht "Ästhetik" von Reclam
der Link zum Verlag: [link]

Kategorischer Imperativ: die Naturgesetzformel

„Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.“

Ergebniss der Gruppenarbeit:

Gruppe 1: Rekonstruktion der Argumentation des Selbsttötungsbeispiel und des Versprechensbeispiel

Gruppe 2: Unterschied "goldene Regel" und "kategorischer Imperativ"


Gruppe 3: Analogie des Naturgesetzes und des praktischen Gesetzes

Gruppe 4: Vergleichsansatz mit Utilitarismus

Der kategorische Imperativ

Thema der Sitzungen im Juni:
Herleitung des kategorischen Imperativs in den unterschiedlichen Herleitungen

1. Universalisierungsformel/Grundform
2. Naturgesetzformel
3. Menschheitszweckformel
4. Autonomieformel, dazu auch der Blogbeitrag von Sören Meyer: [link]


April/Mai 2010: Deontologie Kants

Themen der Sitzungen im April und Mai:
Deontologische Ethik von Immanuel Kant

  1. Aufgabe der Grundlegung der Metaphysik der Sitten
  2. theoretische und praktische Vernunft
  3. Was ist ein guter Wille? Wann ist ein guter Wille gut?
  4. Handlungstypen nach Kant - Begriff der Pflicht

zu 1) Notwendigkeit einer Metaphysik der Sitten/ R
olle der Vernunft und das Aufklärungsprojekt
zu 2) theoretische und praktische Vernunft

März/April 2010: Heinz und der (Präferenz-)Utilitarismus/ Videowettbewerb

Themen der Sitzungen im März und April:

  • Heinz-Dilemma nach Lawrence Kohlberg
  • Utilitarismus nach John Stuart Mill (sehr ausführlich behandelt): Regelutilitarismus
  • Radiosendung: "Was gerecht ist, ist nützlich!" John Stuart Mill – Mitbegründer des Utilitarismus - 03.06.2009 [link]
  • Utilitarismus nach Jeremy Bentham (siehe Klausur oder auch Facharbeit von Silvan Birkner und Johann Denfeld): Handlungsutilitarismus
  • Präferenz-Utilitarismus nach Peter Singer
  • Fall Ashley - ein ethisches Dilemma [link]: Fall-Schilderung: Eine Familie in Seattle hatte ein Ärzteteam gebeten, das Wachstum ihrer Tochter Ashley (Alter bei Therapiebeginn 6 Jahr) zubremsen und gleichzeitig eine Pubertät des Mädchens zu verhindern. Das Ziel der Eltern: die permanente Kindheit erhalten.
    Krankheit von Ashley: statische Enzephalopathie (geistiger Stand eines drei Monate alten Säuglings), das Kind wird über einen Tubus ernährt. Ashley muss getragen werden, was sich durch das Wachstum jedoch erschwerte, eine häusliche Pflege wird kaum mehr möglich sein. Eine Kommission aus 40 Ärzten und Bioethikern berieten über eine Behandlung, besonders der Steriliation. Im Jahr 2004 wurde eine sogenannte Kombinationstherapie vorgenommen: Uterus wurde entfernt, um Menstruation und Sexualentwicklung zu hemmen, außerdem noch eine Östrogentherapie zur Wachstumsbegrenzung. Moralische Frage: Kann die Durchführung einer solchen Therapie moralisch legitimiert werden?
  • Anwendung des Utilitarismus auf den Fall Ashley
  • Freiarbeit zum Videowettbewerb im Rahmen des Festivals der Philosophie 2010: Eine Rückbetrachtung [link], hier ein Mellendorfer Beitrag (...) leider kein Preis (...) zu Naturbeherrschung und Francis Bacon




Präferenzutilitarismus nach Peter Singer:


1. Biographie

  • Peter Albert David Singer wurde am 6. Juli 1946 in Melbourne, Australien geboren.
  • An der „University of Melbourne“ studierte er Geschichte und Philosophie, letzteres lehrte er auch an verschiedenen Universitäten in Melbourne, New York City und Oxford.
  • Er ist ein moderner Vertreter des Präferenz-Utilitarismus.
  • Seiner Ansicht nach, haben Ungeborene, Neugeborene sowie Schwerstbehinderte ein geringeres Lebensrecht als gesunde Erwachsene.
  • Diese These erregte viel Aufsehen und ist sehr umstritten.

2. Präferenz-Utilitarismus

  • Der Präferenz-Utilitarismus konzentriert sich nicht wie bei Bentham und Mill auf einen quantitativen oder qualitativen Glücksbegriff, sondern setzt die Interessen bzw. Präferenzen der Individuen in den Mittelpunkt.
  • Das größtmögliche Glück kann demnach nur erreicht werden, wenn die Präferenzen aller Beteiligten beachtet werden.
  • Präferenzen entstehen frei aus persönlichen Neigungen und können durch Gefühle beeinflusst werden.
  • Gesellschaftliche Werte können ausschlaggebend für Präferenzen sein.
  • Die Umsetzung des eigenen Willens ist eingeschränkt, da man immer die Präferenzen aller Beteiligten einbeziehen und mit Hilfe des Verstandes und der Vernunft abwägen muss.
  • Eine Entscheidung ist dann moralisch, wenn alle Präferenzen einbezogen werden und eine Art „Präferenzengleichgewicht“ herrscht.
  • Durch Missachtung einer Präferenz wird eine Handlung unmoralisch.
  • Mord ist mit keiner Präferenz aufzuwiegen.
  • Da nur Heranwachsende/Erwachsene Präferenzen entwickeln und äußern können, haben jene ein höheres Lebensrecht als Ungeborene, Neugeborene und Schwerstbehinderte.

3. Präferenz-Utilitarismus in Bezug auf den Fall Daschner

Im Fall Daschner gibt es vier Hauptakteure, deren Präferenzen geklärt und beachtet werden müssen:

Jakob von Metzler, Geisel: will befreit werden.
Familie der Geisel: will die Befreiung ihres Sohnes.
Wolfgang Daschner, Polizeipräsident: will die Geisel befreien.
Magnus Gäfgen: will unversehrt bleiben.

  • Betrachtet man das „Präferenzengleichgewicht“, stellt man fast, dass die Präferenz der Mehrheit die Befreiung des Geisel ist.
  • Außerdem darf ein Leben nicht gefährdet werden und weil Gäfgen maximal Schmerzen erleiden aber nicht sterben würde, hat die Geisel, die sich in einer lebensbedrohlichen Lage befindet, ein größeres Anrecht auf die Erfüllung ihrer Präferenz.
  • Nach Betrachtung und Abwägung der Präferenzen ergibt sich, dass Folter als Mittel zur Rettung der Geisel gerechtfertigt ist.

4. Kritikpunkte

  • Seine eigenen Präferenzen und die anderer sind nicht immer eindeutig.
  • Präferenzen können gegen die Vernunft von Gefühlen beeinflusst werden.
  • Es ist nicht möglich, die Präferenzen aller Beteiligten einzubeziehen.

Februar 2010: Objektivität moralischer Urteile?

Thema der Februar-Sitzungen: Sind moralische Urteile objektiv?
  • Positionen von Nicolai Hartmann, Alfred Ayer, Richard M. Hare
  • Vergleich der Positionen
Merkmale moralischer Urteile nach Richard M. Hare

(siehe dazu auch Referat von Thorben Frädermann/05.02.10):

Präskriptivismus: „moralische Urteile als Vorschriften/ Empfehlungen, die man im Prinzip gegenüber jedermann zu äußern bereit ist“.

Konkrete Entscheidungssituation:
  1. nach Handlungen Ausschau halten, auf die sich der handelnde/Entscheidende/Urteilende festlegen kann (Präskriptivität)
  2. Bereitschaft, die mögliche Entscheidung als Handlungsgrundsatz zu akzeptieren, der für andere in ähnlichen Situationen als Vorschrift Regeln zu gelten hat (Universalisierbarkeit)
Wenn man diese mögliche Handlung nicht als Vorschrift akzeptieren kann, dann stellt sie keine Lösung/Alternative in einem moralischen Problem dar und kann nicht zu einem „sollte“ werden.
Hare belegt seine Überlegungen mit einem Beispiel: Schulden machen und ins Gefängnis stecken. These: Gläubiger sollen ihre Schuldner ins Gefängnis stecken.

Moralisches Denken: Moralische Grundsätze auf ihre Konsequenzen testen und nachschauen, ob man jene akzeptiert (Konsequentialismus)

Ein moralisches Urteil hat jedoch immer auch den Anspruch auf Begründung. Für eine Begründung sind drei Rahmenbedingungen notwendig:
1) Tatsachen: Man muss alle Bedingungen und Fakten kennen.
2) Logik: Notwendigkeit von Präskriptivität/Universalisierbarkeit
3) Neigungen: Empathiefähigkeit/Gefühle

Wertender Schluss ist nie möglich, aber diese Bestandteile können eine wertende Proposition zurückweisen.

Janauar 2010: Metaethik, Sprache

Themen der Januarsitzungen:

  • zwei Ebenen der Wirklichkeit: Paul Watzlawik, Überleitung zur Ethik mit dem Ertrinken-Beispiel
  • ethische Grundbegriffe und Schwierigkeiten der Ethik
  • Sprache der Moral, Sprache in der Moral: naturalistischer Fehlschluss, moralischer Syllogismus, moralische Urteile vs. pragmatische Urteile
  • Objektivität und Subjektivität moralischer Urteile? (Hartmann, Ayer Texte)