Dienstag, 29. November 2011

Susan Sontag: Fotos sind einprägsamer als bewegliche Bilder / Fotografie und Moral

Der dritte Textabschnitt von Susan Sontags „In Platos Höhle“ behandelt die Fragen
(1) Wie entsteht ein Ereignis?
(2) Welchen Einfluss hat die Industrialisierung auf die Fotografie?
(3) Können Fotos Erkenntnis vermitteln?

  1. Laut Sontag wird etwas zum Ereignis, indem die Menschen sagen, dass es ein Ereignis ist. An einem Ereignis zeigen viele Menschen Interesse. Dieses Interesse entsteht aus Ideologie (z.B. Politik oder Medien). Einem Ereignis geht immer eine Ideologie voraus. (Hinweis Heim: Wobei der Begriff Ideologie hier kritisch betrachtet werden muss). Desweiteren ist ein Ereignis etwas Unerwartetes oder Neues (z.B. der Kniefall Willy Brandts) Auch ein moralischer Impuls oder etwas Redenswertes kann zum Ereignis werden. Die Politik versucht, etwas als Ereignis zu bestimmen, indem die Medien darüber berichten und somit das öffentliche Interesse geweckt wird. Laut Sontag benötigt man, um ein Ereignis zu verstehen das entsprechende (politische) Bewusstsein / Ideologie. Bilder fangen diese Ereignisse ein. Dazu sind Standfotos besser geeignet als bewegte Bilder: Standfotios sind einprägsamer, da hier das Ereignis auf den Punkt gebracht wird. Bei bewegten Bildern bekommt der Betrachter zu viele Eindrücke auf einmal geliefert. Dadurch heben sich die Wirkungen der einzelnen Bilder gegenseitig auf. In Bezug auf Moral gilt: Nur Neues schockiert. Im Laufe der Zeit stumpft man ab, die Gefühle bezüglich eines bereits bekannten Ereignisses werden weniger. Die ethische Aussage von Fotos ist fragil, da eine ethische Distanz zum Ereignis entstehen kann. (Ergänzung Heim: Grundsätzlich sieht Sontag Problempotential in der Verbindung zwischen Fotografie und Moral. Fotografien dienten zwar häufig zur Stimulierung eines moralischen Impulses, dieser scheine aber mehr als fragwürdig. Natürlich könnten besagte schockierende Fotos eine moralische Position verstärken und in einem frühen Stadium auch fördern, sie könnte eine moralische Position jedoch nicht grundsätzlich schaffen.)
  2. Durch die Industrialisierung werden Fotos in den Dienst wichtiger Aufsichtsorgane gestellt. Fotos fungieren als Karteikarten, als moralische Methode die Welt bzw. die Gesellschaft zu verwalten. Dabei sollen die Fotos als Informationsmittel diene. Allerdings muss man beachten, dass Fotos nur einen schmalen Ausschnitt aus Zeit und Raum darstellen (Bezug zu Kant). Laut Sontag ist die Fotografie das genaue Gegenteil von Verstehen, denn jede mögliche Form des Verstehens wurzelt in der Fähigkeit „nein“ zu sagen. Durch das schießen von Fotos sagt man jedoch automatisch „ja“ zu dem entsprechenden Ereignis. Durch die Industrialisierung sind ein ästhetisches Konsumverhalten und die Massenfotografie entstanden. Diese verhält sich analog zur Massenproduktion.
  3. Fotos sind die Möglichkeit etwas zu illustrieren. Der Mensch will die Welt in ihrer Totalität erfassen und strebt dabei immer nach Erkenntnis. Dies versucht er mittels Fotos. Dadurch schafft er allerdings lediglich eine scheinbare Weltaneignung und keine philosophische, politische oder ethische Erkenntnis. Fotos stellen lediglich ein Duplikat der unübersichtlich gewordenen Welt dar, durch das die Welt verfügbar erscheint.

Susan Sontag ist stark auf den Fotojournalismus fixiert und steht der Fotografie sehr kritisch gegenüber, da man immer hinter die Bilder sehen muss, um sie komplett zu verstehen.

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Blogbeitag von S. Wippermann
Datum: 23.11.11
Thema: Fotografie und Moral
Kurs: 12pl1

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